AVANTGARDISTA

MYKINK INTERVIEW MIT CHRISTIAN EBERLE

Christian Eberle
AVANTGARDISTA | Kink Couture Days 2023

Im Oktober ging in München die vierte Fetish-Fashionshow über den 25 Meter langen Laufsteg. In diesem Jahr haben 20 internationale Designer auf diesem einzigartigen Event wieder einmal gezeigt, wie kreativ, bunt und aufregend die Welt aus Latex, Leder, Lack & Co sein kann. Mit dem Gründer und Producer des kinky Events, Christian Eberle, hat Thymos Emm gesprochen.

Hallo Christian. Lass uns erstmal definieren, worüber wir hier eigentlich reden – was ist „Kink Couture“, was ist „Fetish-Fashion“?

Das ist an Menschen gegossene, sexuelle Fantasie! Ob das Stiefel oder High Heels sind, Korsetts, Harnesse, Latex oder Leder, es geht dabei um Fashion, die uns erregt, die Fantasie und das Kopfkino anheizen. Das ist Kink Couture. Früher hätte man dazu hinter vorgehaltener Hand vielleicht verschämt Reizwäsche gesagt (lacht). Heute ist die Gesellschaft da zum Glück weiter. Und die Avantgardista feiert das mit Lust, Leidenschaft und Offenheit. Seit 2017 gibt es jetzt die Avantgardista. Wie hat sich die Fetischmode über die Jahre entwickelt? Es gibt keine so klaren Trennlinien mehr zwischen Fetisch, Party- und Festivalmode auf der einen Seite und der sogenannten normalen Kleidung. Es wird mehr und mehr durchlässiger in beide Richtungen. Adidas hatte schon ein Latexkleidchen auf dem Markt. Umgekehrt wird in unserem Segment auch schon mal mit Jeans- Elementen, Metall, Spitze oder Upcycling gearbeitet. Beide Seiten zitieren sich gegenseitig, greifen Ideen auf. Es gibt inzwischen mehr Mut zum Experimentieren – auch beim Publikum übrigens. Und auf das kommt es am Ende ja an.

Es gibt also keine so scharfe Trennlinie mehr zwischen Fetischmode und den Klamotten, die Menschen sonst so zu den verschiedensten Anlässen tragen. Nimmt das nicht unserer Subkultur das Besondere?

Nein, das sehe ich nicht so. Was aber immer gefährlich ist, ist bloße Kommerzialisierung. Das ist Gift für jede Subkultur. Wir haben das bei der Loveparade sehen können: Das waren anfangs ein paar Wagen mit Technofreaks drauf, die ihr Lebensgefühl aus dem Keller auf die Straße gebracht haben. Am Ende hatten kommerzielle Brands die Parade fast vollständig geentert und daraus eine Art Werbe-Festival gemacht. Oder Christopher Street Day: Da betreiben Firmen mehr und mehr Pink-Washing. Versteh‘ mich nicht falsch: Niemand hat was gegen das Geldverdienen, das ist nun mal nötig. Aber wir müssen dabei immer die Kreativen im Auge behalten, müssen sie pflegen, müssen sie machen lassen und dürfen nicht versuchen, sie zu zähmen oder in Formate zu pressen. Wenn das gegeben ist, dann bleibt die Subkultur erhalten, dann wächst von unten immer wieder genug Verrücktes und nach und dann können sich auch die verschiedensten Welten gegenseitig inspirieren. Wir können Entwicklung sowieso nicht verhindern, nie, aber wir können sie annehmen und moderieren.

Du bist auch der Producer der SubRosaDictum, der großen Fetischpartyreihe im deutschsprachigen Raum. Siehst Du, dass die Ideen vom Laufsteg tatsächlich auf den Dancefloor wandern?

Definitiv! Ich finde, dass mittlerweile viel mehr Lust zum Ausprobieren da ist. Das finde ich sehr cool! Es gibt Leute, die kommen über die kinky Fashion zur Fetisch-Party. Die haben sich geile Outfits gekauft und möchten die dann natürlich nicht nur zuhause vor dem Spiegel tragen oder dem Partner zeigen. Und dann wird festgestellt, dass wir eine bunte, große und offene Community sind. Und schon haben wir sie! (grinst)

Wir sprechen die ganze Zeit über andere Menschen. Wie ist es denn bei Dir selbst aus – was trägst Du gerne in Sachen Fetisch?

Ich habe keine Zeit! (lacht) Nein, im Ernst: Ich habe großen Spaß daran zu sehen, wie Leute auf unseren Veranstaltungen Spaß mit sich und ihrem Outfit haben, ja, wirklich! Ich selbst bin auf meinen Partys meist eher schlicht in Leder unterwegs, habe aber auch das eine oder andere Latexteil im Schrank. Kink Couture ist immer das, was einem grade am meisten Spaß macht auf der Haut.

Die nächste Avantgardista ist im Oktober 2024, ein genauer Termin steht noch nicht fest. Danke, Christian Eberle, für dieses Interview.

Interview MyKink #96 | © ThymosEmm 

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