AKT 1 – Cyberpunk, Sex und Fetakäse
Liebe Brüder, Liebe Schwestern, Liebe Apfelbäume, Liebe Misch- Tannen- und Nadelwaldgehölze,
Ich spreche zu Euch in diesen finsteren Stunden, von höchster Stelle dazu berufen und mit Sonne in meinem Herzen. Ja für wahr. Die Zeiten sind düster. Mats Hummels hat sich von seiner Freundin getrennt. Wie soll man so viel Leid als einzelner Mensch ertragen können? Umso mehr freue ich mich, mit Euch über eine Sache sprechen zu können, die Hoffnung macht. Die das daoistische Gesetz von Yin und Yang überwindet, pures Licht ausstrahlt und dennoch keinen Schatten wirft. Die so vieles gibt – nur aus der reinen Freude des Gebens heraus.
Die AVANTGARDISTA.
Ein wunderbarer Spielplatz für Erwachsene, der durch die magischen Bande der göttlichen Fügung seit Anbeginn mit „the art of Vince Voltage“ verwoben ist. Ich zitiere meinen alten Sportlehrer. Jedes Mal, wenn er betrunken in unsere Jungen-Umkleidekabine kam sagte er:
„Das Schicksal scheißt immer zwei Mal auf den gleichen Haufen.” Jenes Schicksal sollte ihm viele Jahre später recht geben. Und so begab es sich, dass meine kometenhafte Karriere mit einem AVANTGARDISTA Blogeintrag begann und nun auf ihrem Zenit auch mit einem solchen endet… oder auch nicht 😉
Es verbindet mich so viel mit dieser besonderen Veranstaltung, dass ich einen ganzen Blogeintrag damit füllen könnte – also nehmt Euch einen Keks und lasst Euch ein wohltemperiertes Fußbad ein, denn genau das werde ich jetzt tun.
Wir beginnen unsere gemeinsame Reise im Jahr 2018 (Jahr Minus 6 vor Gründung der „Church of Kink“): Damals war ich nur ein mittelloser Postkartenmaler mit einem großen Traum von der weiten Welt. Modern Talking plärrten aus dem Radio, eine Flutwelle brach über Deutschland herein und ich hatte den halben Januar über ziemlich wässrigen Stuhlgang gehabt. Ich sollte mit meiner Cyberpunk-Stepptanzgruppe „Artificial Downtown“ bei einem Fashion-Event in München auftreten, von dem ich bisher noch nie etwas gehört hatte.
Meine Tante Dani Divine war dafür extra aus Griechenland angereist und hatte uns für die Reise ihren leckeren, selbstgemachten Fetakäse in Tupperdosen eingepackt.
[FOTO: Cyberpunk-Stepptanzgruppe “artificial downtown” (2018)]
Als ich ankam, war ich überwältigt. So viele Formen, so viele Farben, so viel Liebe. Es war, als wäre ich in einer surrealen Parallelwelt gelandet. Stelzenmenschen mit Laseraugen stoben durch den Nebel, während ich mit einer vierköpfigen asiatischen Fächertänzerin über die Tanzfläche schwebte. Als die Wirkung meines Tabletten Cocktails und die von Tante Danis Spezial-Fetakäse nachließen, fand ich die Party immer noch ziemlich cool. Man konnte förmlich spüren, dass dies ein Raum für Kunst und Kreatives war, der jedem Träumer, der sich auf diese Welt einließ, Möglichkeiten bieten und Türen öffnen würde.
Kunst und Mode berührten sich gegenseitig und mich an bisher unbefleckten Stellen – und so zog mich dieses kreative Potpourri ebenfalls in seinen Bann. Viele meiner ikonischen Motive hätte es ohne die AVANTGARDISTA vermutlich nie gegeben. Nie wären diese wichtiger Bestandteil der zeitgenössischen Popkultur geworden. Der Verlauf der Geschichte wäre ein anderer gewesen. Möglicherweise wären einige von Euch ohne sie gar nicht auf der Welt.
[FOTO: Vince mit seiner Tante Dani bei einer Familienfeier in Nevada]
Bereits damals gab es einen kleinen Artspace, der Künstlern gewidmet war, die ihre Waren feilboten und öffentlich zur Schau stellten. An jenem Tag manifestierte sich in mir die Idee, meine Kunst ebenfalls an diesem zauberhaften Ort zu zeigen. Ich wollte ein Teil dieser wundervollen Welt sein. Mit Hilfe der Kontakte, die ich bei der AVANTGARDISTA knüpfen konnte, arbeitete ich von nun an monatelang wie ein Besessener an dieser Vision, die es zu verwirklichen galt.
Etwa ein Jahr später, als ich gerade dabei war, für den Weltfrieden zu beten, klingelte mein Nokia. Am anderen Ende des Fernsprechapparates war Pixie Paulsen. Sie hatte von meinen Erfolgen in den entlegenen Regionen der Republik Notiz genommen und wollte mir für den AVANTGARDISTA Blog einige Fragen stellen, die ich in gewohnt kompetenter und gleichwohl bescheidener Art und Weise zu beantworten wusste. Pixie schrieb seinerzeit über mich, ich wäre möglicherweise der neue Richardson am Horizont – nicht ahnend, dass ich dessen Licht bald bei weitem überstrahlen sollte.
AKT 2 – Mein Hodensack und die große Gyrosknappheit von 20202019 lud Carina mich ein, meine Werke zu präsentieren. Sie war damals von der AVANTGARDISTA strafversetzt worden, um sich um den neuen Künstler “Vince Voltage” zu kümmern. In ihrer liebenswert schroff-rheinländischen Art, ließ sie mich auf ihre eigene, unnachahmlich sympathisch-ehrliche Weise wissen, dass sie meinen ersten Entwurf für ziemlich beschissen hielt. Sie legte mir ans Herz meinen ursprünglichen Entwurf, welcher ein 2 mal 2 Meter großes Bild meines Hodensacks enthielt, nochmal zu überdenken und etwas zu erschaffen, das Kunst und Mode auf solch einzigartige Weise verbindet, wie dies nur die AVANTGARDISTA kann. Ich schlief eine Nacht darüber und gab Carina schließlich recht. Mit einem einzigartigen und revolutionären Trash-Fashion Konzept und dem Ausstellungstitel “fuck art – let’s fuck” ging es damals an den Start und der Rest ist Kunstgeschichte. Carina – Du fehlst uns sehr.
[Carina und Vince bei der ARTMUC 2019]
Seither ging es für mich schneller nach oben, als für einen eingeölten Kleinwüchsigen, der aus einer Zirkus Kanone geschossen wird. Bei der AVANTGARDISTA 2019 wurde nicht nur meine Obsession für extravagante Vernissage-Outfits geboren, welche mich bis zum heutigen Tag heimsucht. Nein. Dieses Event war die Geburtsstunde des modernen Vince Voltage, wie er heute als Lichtgestalt und Gottes Geschenk an oder Strafe für die Kunstwelt wahrgenommen wird. Von hier aus sollte es in die ganze Welt hinaus gehen.
FUCK ART – LET’S FUCK (Vince Voltage exhibition at Avantgardista)
Es folgten Ausflüge nach Kanada, Los Angeles und später Tokyo – doch das Herz dieses Imperiums, das einst aus einem Baumarkt Scheinwerfer und pinker Hintergrundfolie bestand, wird für immer in München schlagen. Seit 2019 hatte ich die große Ehre, aber auch das große Vergnügen, weiter mit der SubRosaDictum-Familie zusammenzuwachsen und alle Freiheiten zu bekommen, die ich brauchte, um meine möglicherweise anfangs abstrus wirkenden Visionen zu verwirklichen.
Die Welt war perfekt. Die Scheiße floss den Fluss bergauf und Weißwürstl wuchsen an den Bäumen und warteten darauf herunter gezuzelt zu werden bis…ja bis… im Jahr 2020 die ganze Welt – und insbesondere die Welt der Künstler und Kreativen – von einem schrecklichen Ereignis getroffen wurden. Ja! Ich spreche von der großen Gyros-Knappheit im Jahr 2020. Es musste rationiert werden und viele Menschen durften ihre Häuser nicht mehr verlassen. Doch auch hier bewies die Familie Zusammenhalt und gab während der Krise jedem eine Plattform – auch denjenigen, die diese Bühne nutzten, um rauchend und betrunken durch ihr eigenes Wohnzimmer zu brüllen.
[Anm. des Autors – ich wäre übrigens nicht traurig falls das Video aus Versehen gelöscht wird;)]
Bei diesem weniger gloriosen Auftritt wurde erstmals auf die drohende Gefahr einer baldigen Vince Voltage-Modenschau hingewiesen, die jedoch erst Jahre später die Grundfesten der Fashion-Welt erschüttern würde.
AKT 3 – Captain Klima, Affenärsche und das Paradies
Die Krise war vorüber. Doch die Welt in der wir aufwachten war nicht mehr dieselbe. Es war auf einmal modern geworden, Kunstwerke mit Lebensmitteln zu bewerfen. Die Menschen in der damaligen Zeit glaubten, dass sich dadurch das Klima ändern würde. Und so kam es, dass der Artspace, der dieses Jahr bereits stolze 20 Meter erlesenster Kunstwerke vorweisen konnte, von einem verwirrten, grün maskierten Kunstbanausen angegriffen wurde. Ein Video der Attacke ging auf TikTok viral und erreichte über 11 Millionen Menschen, bevor die Social Media Hilfs-Sheriffs es ihren gierigen Götzen der Zensur als Opfergabe darbrachten.
Vince Voltage brauchte ein Jahr, um das Geschehene zu verarbeiten. Man sah ihn immer wieder unten am Fluß entlang laufen und Türme aus Steinen bauen, bis ihn eine Arsch-zu-Mund Beatmung von Lisa Rocketcock wieder zurück ins Leben brachte. Erst im Oktober 2023 sprach er öffentlich über das Geschehene.
Im Kopf eines Extremkünstlers – Vince Voltage {ungeskriptet} #65
Doch es sollte sich in diesem Jahr auch viel Gutes ereignen. Ich lernte Christian Eberle kennen, mit dem mich seither eine Freundschaft, viele gemeinsame Ansichten und Eigenschaften verbinden. Darunter der Drang, immer weiter zu machen. Die Überzeugung, dass kein Traum zu groß ist und den tiefen Wunsch, es beim nächsten Mal noch ein bisschen größer und besser als beim letzten Mal zu machen.
Ein Visionär, der inspiriert, Impulse gibt und immer wieder antreibt und mir gezeigt hat, wie viel man gemeinsam erreichen kann. Doch was ist ein Visionär? Ein Visionär ist jemand, der die Fähigkeit besitzt, Dinge zu sehen, die sonst niemand sehen kann. Eine Vision zur Realität werden zu lassen ist die größte Kunst überhaupt und es gibt nichts magischeres auf der Welt als eine Vision, die Wirklichkeit wird. Diese Magie ist eine Gabe – und diese mit anderen zu teilen ist das größte Geschenk überhaupt. Die AVANTGARDISTA und ich sind gemeinsam gewachsen und durften 2023 den bisher größten Artspace in der Geschichte dieses Ausnahme-Events feiern.
Wir sind in die MOTORWORLD gezogen und haben gleich fünf der talentiertesten Künstler aus allen Ecken der Welt für unsere Sache gewinnen können. Es war größer. Es war besser als alles, was es bisher gab. Kunstinstallationen trafen auf Live-Performances, ein pinker Lamborghini raste durch die MOTORWORLD und neben Graffitis, Fotografie und Videokunst gab es die abgefahrenste “Modenschau der Welt” (laut BILD-Zeitung) zu bestaunen. Designer aus aller Welt und aus Wannweil glänzten wie polierte Affenärsche, weil die Sonne der AVANTGARDISTA in voller Prallheit auf sie strahlte.
[Peter Gatzweiler – Kunstinstallation: Eine absurde Reise durch den Raum]
Es ist dem AVANTGARDISTA-Team wieder einmal gelungen, eine einzigartige Plattform zu schaffen und zusammen zu führen, was zusammen gehört. Kunst und Mode, Designer und Models und Vince Voltage und die Schnapsbar. Ein einmaliger Schmelztiegel kreativer Energie, den es so auf dieser Welt nur einmal gibt. Wenn es diesen Event nicht schon gäbe, müsste man ihn erfinden – und ich bin traurig, dass das MARQUIS Magazin schon vor mir auf diese Formulierung gekommen ist.
Die AVANTGARDISTA atmet – wie the art of Vince Voltage – den Geist der Freiheit. Sie ist mehr als nur ein Event. Sie ist ein Lebensgefühl, das verbindet. Ein Gefühl, dem es gelungen ist, ein einzigartiges Universum zu erschaffen, in dem jeder sein kann, wie er möchte. Und das ist – meine Brüder und Schwestern – in diesen Zeiten ein ultimativer Akt der Liebe.
Es ist leicht im Paradies verrückt und frei zu sein. Dieses Paradies wurde für uns geschaffen. Ein Paradies, das ermutigt, anders zu sein. Ein Paradies der Liebe. Mir wurde die große Ehre zuteil, ein Stück dieses Paradieses mitgestalten zu dürfen – dafür danke ich dem AV-Team, Ramona und Christian Eberle. Auf eine noch größere und noch bessere AVANTGARDISTA 2024.
In Liebe, Euer Vincent V. Voltage
Philanthrop, Feingeist und Weinliebhaber